Rosa und Karl
Jawohl! Geschlagen wurden die revolutionären Arbeiter Berlins!
Jawohl! Niedergemetzelt an die hundert ihrer besten!
Jawohl! In Kerker geworfen viele Hunderte ihrer Getreuesten!
Jawohl! Sie wurden geschlagen. Denn sie wurden verlassen von den Matrosen, von den Soldaten, von den Sicherheitsmann-schaften, von der Volkswehr, auf deren Hilfe sie festgebaut hatten. Und ihre Kraft wurde gelähmt durch die Unentschlossenheit und Schwäche ihrer Leitung. Und die ungeheure gegenrevolutionäre Schlammflut aus den zurückgebliebenen Volksteilen und den besitzenden Klassen ersäuft sie.
Jawohl, sie wurden geschlagen. Und es war historisches Gebot, daß sie geschlagen wurden. Denn die Zeit war noch nicht reif. Und dennoch – der Kampf war unvermeidlich… Der Kampf war dem Proletariat aufgezwungen von der Ebert-Bande; und elementar brauste er aus Berliner Massen hervor – über allen Zweifel und Bedenken.
Jawohl! Die revolutionären Arbeiter Berlins wurden geschlagen! Und die Ebert – Scheidemann - Noske haben gesiegt. Sie haben gesiegt, denn die Generalität, die Bürokratie, die Junker von Schrot und Kraut, die Pfaffen und die Geldsäcke, die alles, was engbrüstig, beschränkt, rückständig ist, stand bei ihnen. Und siegte für sie mit Kartätschen, Gasbomben und Minenwerfern.
Aber es gibt Niederlagen, die Sieger sind; und Sieger, verhängnisvoller als Nieder-lagen…
Die Geschlagenen von heute werden die Sieger von morgen sein. Denn die Nieder-lage ist ihre Lehre. Noch entbehrt ja das deutsche Proletariat der revolutionären Überlieferung und Erfahrung. Und nicht anders als in tastenden Versuchen, in jugendhaften Irrtümern, in schmerzlichen Rückschlägen und Misserfolgen kann es die praktische Schulung gewinnen, die den künftigen Erfolg gewährleistet…
Die Sieger aber von heute? Für eine ruchlose Sache verrichten sie ihre ruchlose Blutarbeit. Für die Mächte der Vergangenheit, für die Todfeinde des Proletariats…
Schon stehen sie am Pranger der Geschichte. Nie waren solche Judasse in der Welt wie sie, die nicht nur ihr Heiligstes verrieten, sondern auch mit eigenen Händen ans Kreuz schlagen. Wie die offizielle deutsche Sozialdemokratie im August 1914 tiefer sank als jede andere, so bietet sie jetzt, beim Morgengrauen der sozialen Revolution, das abscheuerregende Bild…
Schon wendet sich das Proletariat der Welt schaudernd von ihnen, die es wagen, ihre vom Blut der deutschen Arbeiter dampfenden Hände der Internationale entgegen zu strecken! Mit Abscheu und Verachtung werden sie sogar von denen zurückgestoßene, die im Toben des Weltkrieges selbst die Pflichten des Sozialismus preisgegeben hatten. Beschmutzt, ausgestoßen aus den Reihen der anständigen Menschheit, heraus gepeitscht aus der Internationale, gehaßt und verflucht von jedem revolutionären Proletariat, so stehen sie vor der, Welt…
Die Geschlagenen von heute, sie haben gelernt. Sie sind geheilt vom Wahne, ihr Heil in der Hilfe verworrener Truppenmassen finden zu können; geheilt vom Wahne, sich auf Führer verlassen zu können, die sich kraftlos und unfähig erwiesen; geheilt vom Glauben an die unabhängige Sozialdemokratie, die sie schnöde im Stich ließ. Nur auf sich selbst gestellt, werden sie ihre künftigen Schlachten schlagen, ihre künftigen Siege erfechten. Und das Wort, daß die Befreiung der Arbeiterklasse nur das eigene Werk der Arbeiterklasse selbst sei kann, es hat durch bittere Lehre dieser Wochen eine neue, tiefere Bedeutung für sie gewonnen.
Und auch jene irregeleiteten Soldaten werden bald genug erkennen, welches Spiel mit ihnen getrieben wird, wenn sie die Knute des wiederhergestellten Militarismus von neuem über sich fühlen; auch sie werden erwachen aus dem Rausch, der sie heute umfängt…
Noch ist der Golgathaweg der deutschen Arbeiterklasse nicht beendet – aber der Tag der Erlösung naht. Der Tag des Gerichts für die Ebert-Scheidemann-Noske und für die kapitalistischen Machthaber, die sich noch heute hinter ihnen verstecken. Himmelhoch schlagen die Wogen der Erkenntnisse – wir sind es gewohnt, vom Gipfel in die Tiefe geschleudert zu werden. Aber unser Schiff zieht seinen geraden Kurs fest und stolz dahin bis zum Ziel.
Und ob wir dann noch leben werden, wenn es erreicht ist – leben wird unser Programm; es wird die Welt der erlösten Menschheit beherrschen. Trotz alledem!“
Karl Liebknecht: Trotz alledem in: Die Rote Fahne (Berlin), Nr. 15 vom 15. Januar 1918 am Tag der Ermordung einer unserer besten, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht (Dieser Text stammt aus dJW Ausgabe Nr. 9 von 2020)
Wie nah sind uns heute immer noch die Mitbegründer unserer Partei, die der deutschen Kommunisten. Verbeugt euch nicht nur im stillen Gedenken, die rote Nelke ruft zum Kampf, für unser aller Menschenrecht.
Cornelia Noack
Kommunistische Partei Deutschlands
RO Oder Spree und LO Brandenburg