XXIII. Parteitag der KPD - Agrarpolitisches Programm

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Kategorie: Parteitage
Veröffentlicht am Samstag, 29. März 2003 14:50
Geschrieben von estro
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29. März 2003, Strausberg 

 

Agrar-Politisches Programm
der Kommunistischen Partei Deutschlands

 

Beschluß des 23. Parteitages der KPD

 

In konsequenter Fortsetzung ihrer revolutionären Bündnispolitik wendet sich die Kommunistische Partei Deutschlands mit dem vorliegenden Programm an alle Bauern und Landwirte, an alle Landarbeiter und andere Werktätige in den Landwirtschaftsbetrieben, an die gesamte Dorfbevölkerung in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland. Mit diesem Dokument will unsere Partei die Hauptursachen der katastrophalen Entwicklung auf dem Lande, besonders in den neuen Bundesländern, aufdecken und beschreitbare Wege zur Abwehr weiterer und noch verheerenderer Folgen der neoliberalen Regierungspolitik unterbreiten. Damit stellt sich die KPD erneut und uneigennützig an die Seite der Bauern, übt sie Solidarität mit der gesamten Dorfbevölkerung.

 

Die KPD sieht sich dabei in Übereinstimmung mit den fortschrittlichen Zielen der Kämpfer des Deutschen Bauernkrieges und der bürgerlich demokratischen Revolution von 1848, die bisher nur in der DDR auf deutschem Boden verwirklicht wurden. Deshalb verteidigen wir auch die im Osten Deutschlands durchgeführte demokratische Bodenreform, die Junkerland in Bauernhand überführte und die Knechtschaftsverhältnisse auf dem Lande durch die Entmachtung der reaktionären Kaste der Großgrundbesitzer überwand.

 

Aus sehr aktuellem Anlaß erinnert die KPD gleichzeitig daran, daß es unsere Partei war, die 1931, also zwei Jahre vor der Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland, ein Bauernhilfsprogramm beschloß und veröffentlichte, das auf die Abwendung der unerträglichen Belastungen gerichtet war, die das krisengeschüttelte kapitalistische Gesellschaftssystem auf die Bauern und die gesamte Dorfbevölkerung abwälzte. In diesem Bauernhilfsprogramm machte sie bewußt auf den Zusammenhang aufmerksam, der zwischen Wirtschaftskrise, Sozialabbau, Rechtsentwicklung, Faschismus und Krieg besteht. Es enthielt konkrete Maßnahmen, die auf die Verhinderung einer unheilvollen Entwicklung abzielten. Die Geschichte hat die Richtigkeit unserer damaligen Einschätzung mit allem Nachdruck erhärtet. Es darf aber nicht noch einmal soweit kommen.
Es wäre jedoch ein verhängnisvoller Fehler, würde man die katastrophale Entwicklung auf dem Lande heute, besonders die eingetretene Situation in den Dörfern der neuen Bundesländer, losgelöst von der tiefen Wirtschaftskrise, der neoliberalen Regierungspolitik, dem Sozialabbau und der nicht mehr zu übersehenden Rechtsentwicklung im Lande betrachten. Niemand sollte übersehen: Durch den konterrevolutionären Umsturz im Jahre 1989 sitzt das deutsche Finanzkapital wieder fest im Sattel, schaltet und waltet es erneut nach Belieben. Während die Politik der Hochrüstung Riesensummen des Nationaleinkommens verschlingt, fordert das Finanzkapital drastische "Sparmaßnahmen", das heißt rigorosen Sozialabbau. Je mehr in diesem Lande von "Freiheit und Rechtsstaatlichkeit" schwadroniert wird, desto stärker vollzieht sich hinter dem Rücken des Volkes eine Entwicklung des weiteren Abbaus der Demokratie und der sozialen Sicherheit. Das sollte alle demokratischen Kräfte alarmieren.

 

Ausgehend von der eingetreten Situation erklärt die KPD: In dieser von den rechtesten Kräften immer stärker geprägten und bedrohten Bundesrepublik muß buchstäblich alles getan werden, was den Weg weiter nach rechts versperrt. Die entschiedene Verteidigung aller noch vorhandenen demokratischen Errungenschaften ist zu einer nationalen Grundaufgabe aller fortschrittlichen Kräfte geworden. In dieser Kernfrage stimmt unsere Partei mit allen marxistisch leninistischen Kräften in der DKP und der PDS sowie mit linken Kräften in der SPD überein.

 

Zur Verteidigung der demokratischen Errungenschaften gehört nicht zuletzt auch die von der KPD initiierte und mit allen progressiven Kräften durchgeführte demokratische Bodenreform im Osten Deutschlands, die Junkerland in Bauernhand überführte und die Knechtschaftsverhältnisse auf dem Lande durch die Entmachtung der reaktionären Kaste der Großgrundbesitzer überwand. Damit wurde eine Grundaufgabe der bürgerlich-demokratischen Revolution verwirklicht, die von der deutschen Bourgeoisie aus purem Klassenegoismus schmählich verraten worden war. Mit der Verteidigung der demokratischen Bodenreform auf dem Gebiet der DDR verteidigt unsere Partei somit auch weiterhin grundsätzliche Aufgaben der bürgerlich demokratischen Revolution, die in Deutschland immer noch nicht zu Ende geführt worden ist.

 

I. Die drohende Katastrophe und ihre Ursachen

 

Die Politik der Restauration der imperialistischen Klassengesellschaft ist die Hauptursache für die katastrophale Entwicklung in den Dörfern der neuen Bundesländer. Diese Restaurationspolitik wurde von allen Regierungen der BRD ohne Ausnahme betrieben. Es wurden Gesetze erlassen, die nicht nur auf die Untergrabung und Beseitigung der demokratischen Bodenreform gerichtet waren und sind. Es gelt um mehr. Die Strategie des Bankkapitals und der Konzerne zielt hier vor allem auf die schrittweise Wiederherstellung der uneingeschränkten Herrschaft der Barone und Grafen, d.h. der reaktionärsten Klasse Deutschlands in den Dörfern ab. Damit soll das imperialistische System weiter stabilisiert und das Lager der Demokratie geschwächt werden. Für die Wiederherstellung des bestimmenden Einflusses der ehemals enteigneten Junker und ihrer Erben auf dem Dorf in den neuen Bundesländern wurden dann auch massenhaft "Loblieder über das Preußentum" und über die "Wohltätigkeit" der Feudalen angestimmt. Dabei tat sich die SPD Regierung in Brandenburg besonders hervor.

 

Mit diesen Lobliedern sollte und soll immer noch vergessen gemacht werden, daß die Vertreter der Klasse der Gutsbesitzer und des Adels zu allen Zeiten, besonders auch in den Jahren der faschistischen Diktatur, die reaktionärste Stütze des imperialistischen Systems auf dem Dorf waren. Es soll die historische Wahrheit verschüttet werden, daß unter der Knute der Junker das Dorf zu einem zuverlässigen Hort der Reaktion und zum Rekrutierungsfeld der konterrevolutionären Banden gemacht wurde, zu einer Basis der Freikorps, der Kapp-Putschisten, der Schwarzen Reichswehr und dann der Naziorganisationen. Niemand sollte darum die Ziele unterschätzen, die mit der "Beschönigung" der Herrschaft der Gutsbesitzer verfolgt werden. Gerade zur Wiedererrichtung dieser reaktionären Stütze des imperialistischen Systems in den neuen Bundesländern wurden Burgen und Schlösser, d.h. die "Adelsnester" von Kindergärten und Kultureinrichtungen "befreit", auf Kosten der Steuerzahler saniert und dann in der Regel dem alten Eigentümer "feierlich", d.h. mit den üblichen Verleumdungen der DDR, übergeben.

 

Obwohl das Bundesverfassungsgericht die Bodenreform als rechtens anerkannt hat, wird weiterhin gegen diese Rechtsprechung vorgegangen. Mit dem Entschädigungs und Ausgleichgesetz und der darin enthaltenen Flächenerwerbsverordnung wurden die sogenannten Alteigentümer durch die Regierenden begünstigt. Über 400.000 ha Bodenreformland wurden bereits auf solchem "Rechtsweg" zurückgegeben.

 

Bei diesem widerlichen Vorgang haben sich rechte Führer der SPD besonders hervor getan. In der fast 12jährigen Regierungszeit des Stolpe Kabinetts wurde im Land Brandenburg z.B. unvergleichlich mehr für die "Adelsgesellschaft" geworben und getan, als für die Dorfbevölkerung. Das ist kein Zufall. In ihrer Bauernpolitik folgen die rechten Führer der SPD mehr oder weniger Ferdinand Lassalle, der die Bauern insgesamt als "eine reaktionäre Masse" verteufelte. Das erklärt auch, warum rechte Führer der SPD zu keiner Zeit an die großen revolutionären Traditionen des Bauernkrieges angeknüpft haben. Sie verbanden sich mehr und mehr mit der gutsherrlichen Gesellschaft gegen den ehrbaren Bauernstand und die Dorfbevölkerung. Ihre konterrevolutionäre Haltung zur demokratischen Bodenreform macht erneut deutlich, daß die Führung der SPD sich immer wieder mit den alten Klassenkräften der kapitalistischen Gesellschaft gegen die Grundinteressen des Volkes verbindet.

 

Alle Regierungen der BRD brachten mit ihrem neoliberalen Kurs eine Politik auf den Weg, die ein regelrechtes Bauernlegen und die Zerstörung des gesellschaftlichen Lebens auf dem Dorf zur Folge hat. Unbestreitbar ist doch, daß auch auf dem Dorf alles dem Profitstreben des Finanzkapitals unterworfen wurde und weiter unterworfen wird. In Folge dieser Profitwirtschaft gibt es in vielen Dörfern keine Schulen, keine Kindergärten, keine Lebensmittelläden und Gaststätten mehr. Das kulturelle Leben in den Dörfern kommt immer stärker zum Erliegen und die medizinische Betreuung der Dorfbevölkerung hat bereits einen bedrohlichen Zustand erreicht. Durch die Vernichtung landwirtschaftlicher Betriebe und der Infrastruktur wächst die Arbeitslosigkeit auch auf dem Dorf. Die Jugend findet in den Dörfern keine Arbeit mehr und wandert ab. Zurück bleiben die Alten und Kranken. Waren in der DDR 850.000 Bürger in der Landwirtschaft tätig, so sind es heute nur wenig mehr als 150.000.

 

Zu dieser hohen Arbeitslosigkeit, von der die Frauen besonders betroffen sind, hat nicht zuletzt auch die "Abwicklungspolitik" der Regierung beigetragen, durch die Molkereien, Schlacht und fleischverarbeitende Betriebe stillgelegt und die Regionalisierung der Agrarproduktion weitgehend zerstört wurde. Es ist das eingetreten, was die KPD seit 1989 wiederholt erklärt hat: Die Ost Politik der Regierung verwandelt die neuen Bundesländer bewußt in eine Armutszone, mit der schließlich Druck für einen rigorosen Sozialabbau auch im Westen Deutschlands ausgeübt werden soll. Darum ist der Kampf unserer Partei für gleichen Lohn in Ost und West auch im Interesse der ganzen deutschen Arbeiterklasse und aller Werktätigen.

 

Im Zuge einer durch und durch feindlichen Bauernpolitik (die Regierenden sprechen von Strukturwandel) werden jährlich 3 bis 4 % der Landwirschaftsbetriebe vernichtet. Gab es im Jahre 1949 noch 1.640.800 Betriebe, so waren es im Jahr 2000 nur noch 421.000; davon in den alten Bundesländern 393.400. Die Hauptursachen für die Aufgabe der bäuerlichen Existenzen liegen vor allem in einer völlig verfehlten Agrarpolitik der Regierung, die zu einer enormen Verschuldung deutscher Bauern geführt hat. Die Situation ist dabei sowohl im Ostteil als auch im Westteil Deutschlands gleich prekär. So müssen sich in den westdeutschen Agrargebieten, vor allem im norddeutschen Raum um Oldenburg, in Hessen, Bayern und Nordrhein Westfalen, die wenigen Betriebe, die nur über eine Größe von 20 ha und weniger verfügen, oft als Lohnmäster für einen der dortigen Agrarkapitalisten verdingen, um die eigene Verschuldung in Grenzen zu halten. Läßt dieser sie jedoch fallen, bleibt oft nur noch der Schritt in die Sozialhilfe. Der Betroffene kann dann von Glück sagen, wenn er seine Anbaufläche noch für ein Butterbrot an den Großagrarier verkaufen kann. Dieser nutzt sie dann zum Maisanbau für die Schweinemast oder baut darauf eine Hühnerproduktionsanlage, die dann von einem "Farmleiter" und drei beschäftigten Arbeitskräften betrieben wird. Solche Zustände nach "Gutsherrenart" sind in der Landwirtschaft der Alt BRD gang und gäbe. Nach der sogenannten Hohenheimer Prognose, die seit Jahren die soziologische Entwicklung der deutschen Landwirtschaft analysiert, sind 12.000 Betriebe für die BRD ausreichend. Daß dies keine bäuerlichen Kleinbetriebe sind, sondern agrarkapitalistische Industriebetriebe, liegt auf der Hand. Gegenwärtig muß davon ausgegangen werden, daß die Bauernschaft der BRD mit ca. 31 Mrd. Euro bei den Banken verschuldet ist. Die Zinsleistungen betragen insgesamt 2,1 Mrd. Euro. Das sind 16% des Einkommens, das allein für Zinsleistungen aufgebracht werden muß. Hinzu kommt, daß die Schere zwischen den Erlösen und Kosten der landwirtschaftlichen Produktion immer größer wird. So sind z.B. die Erzeugerpreise seit 1991 um 16% gefallen, während die Kosten für Betriebsmittel um 8% stiegen. Bei Zahlungsunfähigkeit der Betriebe sind die Banken als Gläubiger die "Begünstigten".
Vom sogenannten Strukturwandel profitieren sowohl die Banken als auch die Großagrarier. So ist die Zahl der Betriebe ab 100 ha und mehr von 2971 im Jahr 1949 auf 13.000 im Jahr 1996 in den alten Bundesländern auf Kosten der Betriebe bis 50 ha gestiegen. Dieser Trend setzt sich fort. Heute bestehen in der BRD insgesamt 25.300 Landwirtschaftsbetriebe mit 100 ha und mehr. In Folge der neoliberalen Regierungspolitik sind die Kommunen stark verschuldet. Dadurch sind sie nicht mehr in der Lage, die notwendigsten Instandhaltungen zu realisieren. Fruchtbare Ländereien werden zu Golfplätzen, d.h. zu Spielwiesen einer reichen Oberschicht, verunstaltet. Wälder, Seen und Gewässer werden zunehmend privatisiert und damit der gemeinschaftlichen Nutzung entzogen.

 

Tatsache ist ferner, daß das Dorfleben durch eine nur an der Sparpolitik orientierten Gemeindereform einen schweren Rückschlag erlitten hat. Durch diese Reform wurden Dörfer zu Verwaltungseinheiten zusammen gepreßt und die gewählten Gemeindevertreter regelrecht zu Befehlsempfängern der übergeordneten Staatsorgane degradiert. Wenn heute die Mehrheit der Dörfer dennoch ein gepflegtes Aussehen aufweisen kann, dann Dank der großen Anstrengungen der Dorfbewohner und enormer finanzieller Aufwendungen durch die Hauseigentümer, die sich dafür in der Regel eine erdrückende Schuldenlast aufgebürdet haben.

 

Unbestreitbar ist ebenfalls, daß die immer häufigeren und, beispiellosen Flutkatastrophen nicht einer "himmlischen" Gewalt, sondern einem System entspringen, dessen Machthaber die Profitmaximierung zur Leitlinie ihres ganzen Daseins gemacht haben. Durch die gnadenlosen Emissionen betriebswirtschaftlicher Produktion und hemmungsloser privater Konsumtion in den Hochburgen des Kapitals ist eine Klimaveränderung bewirkt worden, die zu verheerenden Folgen besonders auch für die Landwirtschaft geführt hat. Hinzu kommt der rücksichtslose Landverbrauch, die hirnlose Versiegelung der Böden und der profitorientierte Ausbau der Flüsse. Durch all das versinkt ein Teil unserer Welt immer stärker in den Fluten, während der andere Teil regelrecht austrocknet und Menschen massenhaft verhungern.

 

Die Ursachen dieser Entwicklung sind also nicht schlechthin "Menschenwerk", wie dies gelegentlich Politiker behaupten. Es sind dies die Folgen schonungslosester imperialistischer Ausbeutungspolitik, die mit ihrer Globalisierungsstrategie seit Jahren dabei ist, die Gesetze der Natur im Interesse des Finanzkapitals zu vergewaltigen. Es ist dies eine besonders verbrecherische Form des imperialistischen Terrors gegen die gesamte Menschheit und gegen die Natur, die dem "Terror der kapitalistischen Ökonomie" entspringt, wie es Karl Marx so trefflich nachgewiesen hat. Jetzt schlägt die Natur zurück. Sie trifft jedoch nicht die Täter und kann dies auch nicht. Das bleibt die Aufgabe aller demokratischen Kräfte.

 

Das bisher Dargelegte macht hinreichend deutlich, daß die Regierenden nicht gewillt sind, eine Agrarpolitik in Deutschland zu gestalten, die den Bauern eine gesicherte Existenz und eine optimistische Perspektive ermöglicht. Im Gegenteil. Neue Belastungen werden ausgeheckt. Die Bauern tragen die Hauptlasten der BSE-Krise. Durch BSE Tests, durch die Entsorgung der Schlachtabfälle und andere Faktoren erhöhen sich z.B. bei Rindfleisch die Kosten um 25 Cent je Kilo Schlachtgewicht. Das Einkommen der Bauern aber sinkt weiter. Im Verhältnis zu anderen Gewerben ist es um ca. 15% niedriger, obwohl die Arbeitszeit bedeutend länger ist. Trotz dieser katastrophalen Lage in der Landwirtschaft hat jetzt auch noch die Europäische Union Vorschläge unterbreitet, die schwerwiegende Folgen, besonders für die ostdeutsche Landwirtschaft, nach sich ziehen werden.

 

Nach diesen Vorschlägen sollen die Subventionen für landwirtschaftliche Großbetriebe drastisch gekürzt werden. In der Praxis bedeutet dies, daß fast ausschließlich die LPG Nachfolgebetriebe damit in die Knie gezwungen werden sollen. Damit schickt sich nun auch die EU Kom-mission an, einen der wenigen effizienten Wirtschaftszweige in Ostdeutschland zu zerstören. Verschärft werden die Einkommenseinbußen der Bauern in Deutschland auch durch die vorgeschlagene Kürzung der Tier und Flächenprämien um jährlich drei Prozent bis zum Jahr 2008. Einer der "Gründe" für diese Vorschläge ist die EU Erweiterung. Sie soll den Beitrittskandidaten die finanzielle "Gleichbehandlung" garantieren. Die Bürger der neuen Bundesländer wissen aus eigener Erfahrung, wie diese "Gleichbehandlung" in der Praxis betrieben wird. Es gibt somit allen Anlaß, sich gegen die Agrarpolitik der Regierenden und der EU machtvoll zu wehren.

 

II. Bauern, Landarbeiter und Dorfbewohner, wehrt Euch!

 

Aus der dargelegten Situation, die auf konkreten Tatbeständen beruht, ergibt sich zwingend die Schlußfolgerung, daß der Ausplünderungs politik des Finanzkapitals auch auf dem Dorf ein entschiedener Widerstand entgegengesetzt werden muß. Dafür muß der Druck auf die Abgeordneten und auf den Bauernverband durch Protestbewegungen mit gezielten ökonomischen und politischen Forderungen bedeutend verstärkt werden. Die KPD wird diese Bewegung auf dem Lande mit konkreten Forderungen unterstützen.

 

Unsere Partei fordert:

 

Die KPD verteidigt die demokratische Bodenreform, die eine bedeutsame Forderung der Revolutionäre im deutschen Bauernkrieg war und Grundaufgabe jeder konsequenten bürgerlichen Revolution ist. Unsere Partei wendet sich entschieden gegen alle Bestrebungen, die Agrar-genossenschaften und andere Gemeinschaftsunternehmen im Osten Deutschlands mit politischen, ökonomischen und juristischen Mitteln zu diskriminieren. Darum fordert sie die Aufhebung des Ergänzungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Art. 233, zur Abwicklung der Bodenreform und die volle Wiederherstellung der Rechte der Erben. Unsere Partei ist gegen die großflächige Privatisierung der Waldbestände und unterstützt deshalb jeden Widerstand gegen den Privatisierungsauftrag der BVVG, der keinerlei Legitimation besitzt.
Die KPD unterstützt die Bauern und ihren Verband im Kampf gegen alle Maßnahmen, die in der EU im Rahmen der Erweiterung der Union zum Schaden der Bauern geplant werden. Sie unterstützt die Landesbauernverbände, die eine hundertprozentige Entschädigung aller Hochwasser Opfer fordern. Sie unterbreitet den Vorschlag, Dorfkomitees zu bilden, die bei der Planung und Realisierung ökologischer Maßnahmen durch die zuständigen staatlichen Organe einzubeziehen sind.

 

Unsere Partei sagt eindeutig und klar: Unsere Forderungen sind realistisch. Sie können im Rahmen des gegenwärtigen Gesellschaftsystems verwirklicht und auch finanziert werden. Deutschland wird von keiner feindlichen Macht bedroht und kann auch aus diesem Grunde seine sinnlose Aufrüstungspolitik beenden. Durch eine angemessene Gewinnabgabe der Banken, der Versicherungen und der Konzerne können weitere Mittel für den Abbau der Arbeitslosigkeit und für soziale Zwecke gewonnen werden. Auch ist es nicht länger hinnehmbar, daß in der BRD Spitzengehälter von 50.000 Euro und mehr monatlich gezahlt werden, während Millionen ein monatliches Einkommen von 500 Euro und darunter haben.

 

III. Unsere Enkel fechten es besser aus

 

Die KPD weiß sehr gut, daß die grundlegenden Interessen der werktätigen Bauern sowie der gesamten Dorfbevölkerung unter den gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaftsverhältnissen nicht vollständig verwirklicht werden können. Ungeachtet dessen kämpft sie in dieser Ausbeuterordnung für allgemeindemokratische Daseinsbedingungen, für soziale Gerechtigkeit und gesellschaftlichen Fortschritt. Sie erklärt eindeutig: Heute steht nicht die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung auf der Tagesordnung, sondern die entschiedene Verteidigung des geltenden Grundgesetzes der BRD. Das ist längerfristig die allgemeindemokratische Grundaufgabe aller progressiven Kräfte unseres Landes. Dazu gehört vor allem der kompromißlose Kampf zur Zurückdrängung der alles beherrschenden Macht des Industrie und Bankkapitals, die rigorose Veränderung des gesamten parlamentarischen Systems durch die breite Einbeziehung der Massenorganisationen in die gesetzgebenden Staatsorgane und ein wirkungsvoller außerparlamentarischer Kampf aller Demokraten.

 

Nach dem Beispiel der DDR sollten sowohl die Gewerkschaften, der Bauernverband, die Jugendorganisationen und die verschiedenen Organisationen der Intelligenz auf der Grundlage eines völlig neuen Wahlgesetzes im Bundestag mit eigenständigen Fraktionen vertreten sein.

 

Das heutige gesamte Parlamentssystem bedarf einer prinzipiellen Reformierung. Unterbleibt hier ein wahrhaft demokratischer Neuanfang, dann werden die rechtesten Kräfte dieses Landes mit Demagogie und Gewalt sich schließlich durchsetzen, die Reste der bürgerlich demo-kratischen Errungenschaften beseitigen und dem Finanzkapital erneut den Weg zur uneingeschränkten Diktatur bahnen. Das muß verhindert werden. Darum tritt die KPD für die Schaffung eines breiten Bündnisses aller demokratischen Kräfte ein, das seine Stabilität und Stärke vor allem aus dem Bündnis der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern erhält. Es ist hohe Zeit, daß dem reaktionären Block von Imperialismus, Opportunismus und Revisionismus die antifaschistische Einheitsfront aller Demokraten entgegengesetzt wird.

 

Die KPD erklärt klipp und klar, daß nur der Sozialismus eine wirkliche Alternative zum imperialistischen Gesellschaftssystem ist. Für die Schaffung einer solchen ausbeutungsfreien Gesellschaftsordnung liegen bedeutsame Erfahrungen der DDR vor, die es wach zu halten gilt. Die Genossenschaftsbauern und Landarbeiter haben in der DDR die Ernährung des Volkes in immer besserer Qualität gesichert. Die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung der Landwirtschaft war das feste Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft. Immer mehr Menschen, die 40 Jahre DDR erlebt haben, erkennen heute, daß es durchaus möglich war, ohne Kapitalismus, ohne Monopole und Banken einen Staat der Arbeiter und Bauern aufzubauen.

 

Die KPD und ihr Jugendverband werden aktiv daran mitwirken, daß dieser Erfahrungsschatz weder verfälscht wird noch in Vergessenheit gerät und kommenden Generationen so vermittelt wird, damit es die Enkel besser auszufechten vermögen. Eine der wichtigsten Erfahrungen besteht wohl darin: Gesellschaftlicher Fortschritt, der soziale Gerechtigkeit massenhaft praktizieren will, erfordert gesellschaftliches Eigentum an den entscheidenden Produktionsmitteln. Darum ist der Kurs der Regierung, der auf die vollständige Liquidierung des gegenwärtigen Eigentums des kapitalistischen Staates gerichtet ist, ein reaktionärer und verhängnisvoller Weg. Er führt zur Zementierung der imperialistischen Klassenherrschaft und zum sozialen Kahlschlag.

 

Die KPD ist der Auffassung, daß das freiwillige Zusammenwirken der Bauern, besonders in Westdeutschland, in vielfältigen kooperativen Formen eine Alternative zum derzeitigen Leitbild der Regierenden und der EU-Agrarpolitik ist. Es besteht die Möglichkeit, dem bauernfeindlichen Strukturwandel ein Ende zu setzen.

 

Es ist bewiesen: Der Weg zum Sozialismus führt auch in Deutschland nur über die Verteidigung der bürgerlichen Demokratie sowie ihre ständige und lebensnahe Entwicklung. Darum unterstützt unsere Partei auch das Genossenschaftswesen auf dem Lande, obwohl nicht übersehen werden kann, daß sich die LPG-Nachfolgebetriebe in der kapitalistischen Marktwirtschaft zwangsläufig zu Kapitalgesellschaften entwickeln. Nur so können sie ihre Existenz sichern. Das ist jedoch nur die eine Seite. Zugleich sind es landwirtschaftliche Großbetriebe, die Arbeitsplätze sichern, effektiv wirtschaften und die Rückkehr der Klasse der Gutsbesitzer erschweren bzw. verhindern. Auch diesbezüglich hängt vieles vom Druck der Bauern und der Dorfbevölkerung ab, daß sich die Agrarge-nossenschaften nicht im Gegensatz zu den Interessen der gesamten Dorfbevölkerung entwickeln.

 

Wenn die KPD die Verteidigung und Erkämpfung der allgemein demo-kratischen Grundaufgaben ganz in den Mittelpunkt des vorliegenden agrarpolitischen Programms stellt, verliert sie den Kampf um den Sozialismus keineswegs aus dem Auge. Auch heute hat die Erkenntnis Lenins volle Gültigkeit, daß man nicht vorwärts schreiten kann, wenn man Angst hat, zum Sozialismus zu schreiten. Die KPD ist gerade deshalb eine revolutionäre Partei, weil sie trotz des wütenden Tobens der alten und neuen Antikommunisten und trotz der erlittenen Niederlage den Kampf für eine sozialistische Gesellschaft nie aufgegeben hat und nie aufgeben wird. 

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